Psychological Biases – Wie entscheiden wir? 

Autor: Josh Feldhaus
Lesezeit: ca. 5 Minuten

Die Welt und wir Menschen funktionieren nicht nach dem Vorbild des Homo Oeconomicus – das ist mittlerweile allgemein anerkannt und wir können es auch in unserem Alltag tagtäglich beobachten.  Rationale Entscheidungen zählen nicht unbedingt zu unseren Stärken. Aber was sind eigentlich die psychologischen Fehler, die uns nicht nur im Alltag, sondern eben auch besonders beim Investieren unterlaufen? In dem heutigen Blogbeitrag möchte ich euch einen Überblick über die relevantesten psychologischen Phänomene geben. 

Anchoring 

Wir neigen dazu, uns an einer bestimmten Information zu orientieren. Das ist vor allem die Information, die wir als allererstes im Zusammenhang mit einem bestimmten Thema gehört haben. In einem Experiment hat man z.B. Immobilienmakler ein Haus schätzen lassen, das zum Verkauf stand. Sie erhielten unter anderem eine Informationsbroschüre mit einer enthaltenen Preisforderung. Ihr ahnt es: Bei einem Teil der Makler war der Preis deutlich höher als der Listenpreis des Hauses, bei dem anderen deutlich darunter. Nach der Bewertung des Hauses wurden die Makler gefragt, nach welchen Kriterien sie das Haus bewertet haben – die Preisangabe in der Broschüre wurde nicht genannt. Aber da irrten sie sich: der Anker (Preis in der Broschüre) hat die Makler maßgeblich beeinflusst. 

Das spannende beim Ankereffekt ist, dass fachkundige Praktiker wie bspw. Immobilienmakler genauso anfällig für diesen Bias sind wie BWL-Studenten ohne jegliche Berufserfahrung im Immobiliengeschäft.  

Confirmation Bias 

Diese kognitive Verzerrung beschreibt die menschliche Neigung, sich allzu sehr auf Informationen zu stützen, die die eigene Hypothese/Meinung usw. bekräftigen. Alle oder die meisten Informationen, die dagegensprechen, werden ausgeblendet. Das ist zum Beispiel auch ein Grund, warum sich eine Blase an der Börse immer weiter ausweiten kann. 

Hindsight Bias 

Der Drang der Menschen, alles in einen kausalen Zusammenhang zu bringen, ist bemerkenswert. Der Hindsight Bias beschreibt unsere Eigenschaft, kürzlich eingetretene Events als im Nachhinein vollkommen logisch und vorhersehbar einzustufen und eine nachvollziehbare Geschichte zu spinnen. 

Endowment-Effekt 

Der Endowment-Effekt beschreibt unsere Neigung, Dinge, die wir selbst besitzen, als wertvoller anzusehen und zu bewerten, als sie tatsächlich sind. Wenn wir einen Zehn-Euro-Schein in zwei Fünf-Euro-Scheine wechseln, dann tun wir das vermutlich ohne mit der Schulter zu zucken. Aber wie sieht es mit dem Verkauf des wertvollen Weinvorrats eines Weinliebhabers aus oder mit dem Verkauf von Super-Bowl-Tickets, die zu einem hohen Preis weiterverkauft werden könnten…? 

Verlustaversion 

Dieses psychologische Phänomen ist auch besonders im Zusammenhang mit Geldanlagen relevant. Wir mögen es einfach nicht, zu verlieren. Dementsprechend schmerzt uns ein Verlust von 100€ deutlich mehr als ein Gewinn von 100€ uns freut. Folgend ein Beispiel, das unsere Verlustaversion verdeutlicht. 

 

Problem 1: 

Zusätzlich zu deinem bisherigen Vermögen erhältst du 1.000€. Jetzt sollst du dich für eine dieser beiden Optionen entscheiden: Eine 50-prozentige Chance, 1.000€ zu gewinnen, oder 500€ sicher erhalten. 

 

Problem 2: 

Zusätzlich zu deinem bisherigen Vermögen erhältst du 2.000€. Jetzt sollst du dich für eine dieser beiden Optionen entscheiden: Eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, 1.000€ zu verlieren, oder 500€ sicher verlieren. 

Wie habt ihr bei den jeweiligen Problemstellungen entschieden? Wenn ihr wie die meisten Leute denkt, dann habt ihr beim ersten Problem die sicheren 500€ genommen und seid damit glücklich nach Hause gegangen. Beim zweiten Problem habt ihr vermutlich gespielt und auf die 50-prozentige Chance gesetzt, 1.000€ zu verlieren.  

Bei genauerem Hinsehen sind die beiden Probleme allerdings faktisch identisch und der Erwartungswert bei beiden gleich. Dementsprechend sollten sie keine unterschiedlichen Präferenzen bei den Befragten erzeugen – tun sie aber. Denn sie gehen von einem unterschiedlichen Referenzwert aus. Beim ersten Problem gewinnt man 500€ bei der sicheren Variante dazu, während man beim zweiten Problem 500€ verliert. Wie zu Beginn bereits gesagt – wir verlieren nicht gerne. 

Dispositionseffekt 

Dieser Effekt bezeichnet in der Verhaltensökonomik die Neigung, Werte, die gestiegen sind zu verkaufen, also Gewinne mitzunehmen und auch bei kleineren Gewinnen auszusteigen, während Werte, die im Wert gesunken sind, gehalten, das heißt Verluste ausgesessen werden. Dieses Phänomen hängt eng mit der Verlustaversion zusammen, da wir Verluste doppelt so stark empfinden wie Gewinne. 

 

Es gibt noch so viele weitere psychologische Verzerrungen und alle sind super spannend. Noch mehr aufzuführen würde allerdings den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Wenn ihr noch mehr über dieses Thema erfahren wollt oder andere interessante Themen habt, die wir recherchieren sollen, dann schreibt uns gerne an kommunikation@berliner-boersenkreis.de. 

 

Quellen: 

Kahneman, Daniel: Schnelles Denken, langsames Denken, 2011, Penguin Verlag 

Schmidlin, Nicolas: Unternehmensbewertung & Kennzahlenanalyse, 2020, Vahlen Verlag 

 

 

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